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Strafrecht

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Im Bordell herrschten strenge Regeln

29-jähriger wegen Zuhälterei und Menschenhandels vor Gericht / Landsmann in den Fuß geschossen

Marl/Essen. Wenn die Anklagevorwürfe zutreffen, ging es im altehrwürdigen "Haus Wegener" in Polsum zuweilen recht derbe zu. Verantwortlich für die nicht gerade galante Behandlung der in dem Bordell beschäftigten Prostituierten soll ein 29jähriger Türke sein. Seit gestern muß sich der Gelsenkirchener vor der VII. Strafkammer des Landgerichts Essen verantworten.

Vorwurf der Anklage: Förderung der Prostitution, Zuhälterei, Menschenhandel, gefährliche Körperverletzung, Betrug und Erpressung. Für zunächst drei Verhandlungstage beurlaubt wurde der zweite Angeklagte. Er soll als "Hausmeister" in dem Etablissement tätig gewesen sein und ist seit längerer Zeit nicht greifbar. Die Kammer hat seit gestern aber berechtigte Hoffnungen, den Mann im Verlauf des sicher über mehrere Wochen laufenden Prozesses noch aufzuspüren. Er soll sich im Raum Bielefeld aufhalten. Zu dem Verfahren präsentiert die Staatsanwaltschaft gleich vier Anklagen, von denen gestern nur drei verlesen wurden. Demnach soll der Barinhaber die vornehmlich aus Osteuropa illegal nach Deutschland eingereisten und völlig mittellosen Frauen als Prostituierte "dienstverpflichtet" und kräftig ausgebeutet haben. In der Bar herrschten strenge Regeln. Ausgang gab es nur nach vorheriger Abmeldung und ohne Paß. Sämtliche "Einsätze" der Frauen wurden per Strichliste registriert. 50 Prozent der Einnahmen mußten die Damen an den Angeklagten abführen, der auch schon mal ein Strafgeld gegen seine Angestellten verhängt haben soll. Eine Polin, die sich trotz gründlicher Einweisung nicht an die in der Bar herrschenden Gepflogenheiten gewöhnen konnte, wurde kurzerhand in ein Bordell nach Augustdorf "transferiert". Zu all diesen Punkten ließ sich der 29jährige auf Anraten seines Verteidigers Andreas Lechtenböhmer noch nicht ein. Redseliger zeigte sich der 29jährige bei einem anderen Anklagepunkt. Hier ging es um eine Schießerei am 01. Juli 1996 im Gelsenkirchener Lokal "Vier Jahreszeiten". Laut Anklage gab der 29jährige während eines Streites mit Landsleuten vier Schüsse aus einer Pistole ab. Eine Person erlitt eine Schußverletzung am Fuß. Der Angeklagte beruft sich auf Notwehr. Die Pistole sei während der Rangelei wohl irgendjemandem aus der Tasche gefallen. Er habe sich lediglich verteidigen wollen und sei fest davon ausgegangen, daß es sich bei der Waffe nur um eine Gaspistole gehandelt habe. Daß jemand verletzt wurde, habe er nicht bemerkt. Anschließend sei er nach Hause gegangen und habe seinen Anwalt angerufen. Noch während des Telefongesprächs brach ein Einsatzkommando der Polizei die Wohnungstür auf und nahm den Angeklagten fest. Er wurde kurz nach seiner Vernehmung wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Prozeß geht weiter.

(Quelle: Marler Zeitung)

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